Freitag, 5. Juni 2009

Massage - Berührungen


Immer wieder merke ich, wie ausgehungert besonders alte, alleinstehende Menschen nach Berührungen sind. Es ist etwas völlig anderes, ob ich junge Menschen oder Männer "im besten Alter" massiere oder ob es wirklich alte Menschen sind. Ich merke dann auch, daß sich während der Massage etwas entwickelt. Bei mir, bei den Klienten.Bei Massagen an Männern ist es manchmal so, daß diese selbst die Massierende anfassen wollen. Das ist so noch am zurückhaltendsten formuliert. Alte, alleinstehende Menschen können oft erst nicht loslassen, wollen die Kontrolle auf jeden Fall behalten, wollen das, was sie im "richtigen Leben" bringen müssen, nämlich stark sein, auch hier beibehalten. Manchmal fangen sie schon während der Massage an zu schlucken, manchmal erst bei einem ersten Satz, wenn die Massage beendet ist.Ich massiere diese Menschen nicht aus Mitleid, und nicht mitleidig. Ich liebe und genieße solche Massagen, ich kann dabei viel mehr geben und selbst loslassen,als wenn ich denke, ich müsste mich der ungewünschten Berührungen erwehren.
Am Pfingstmontag hatte ich eine solche, sehr schöne, Massage. Die Dame lebt seit 20 Jahren allein, war immer für andere da, arbeitete ihr ganzes Leben hindurch. Versucht immer, alles selbst zu regeln, ist auch gesundheitlich obenauf, und ist wirklich ein Paradebeispiel für "KOntrolle behalten". Sie weiß das aber auch.Nach Beendigung der Massage sagte sie, noch auf der Liege beim Ausruhen, "so gut hat es noch nie jemand mit mir gemeint" und fing an zu weinen. Und dann kam viel: aus ihrer Kindheit, aus ihrer Jugend, aus ihrer gescheiterten Ehe... immer für andere da, immer sich selbst zurückgestellt, bis zu einem Zusammenbruch vor 25 Jahren. Immer wieder gekämpft und sich aufgerappelt.
Die Massage war ein Geschenk von mir an sie. Aber sie war - MINDESTENS - auch ein Geschenk an mich selbst. Denn das genieße ich selbst genau so oder noch mehr als derjenige, der die Massage bekommen hat.